Montag, 13. Oktober 2025

.du musst meine hand fester halten, nr. 104 | susanne abel

Es gibt keinen Weg, der nicht irgendwann nach Hause führt.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wird mitten in Deutschland ein kleiner Junge gefunden, der nichts über sich selbst und seine Herkunft weiß. Sein Alter wird geschätzt, er bekommt den Namen Hartmut und wächst in einem katholischen Kinderheim auf, in dem viel Ordnung und noch mehr Zucht herrscht. Dort lernt er die etwas ältere Kriegswaise Margret kennen, die ihn schon im Heim zu beschützen versucht. Die beiden werden zu einer unverzichtbaren Stütze füreinander und beschließen, sich nie wieder loszulassen. Doch während sie mit aller Kraft versuchen, gemeinsam das Geschehene zu vergessen und ein normales Leben zu führen, werden die Folgen ihrer Vergangenheit auch für die nachkommenden Generationen bestimmend.

©2025 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG (P)2025 Hörbuch Hamburg HHV GmbH

Autor: Susanne Abel

Gesprochen von: Vera Teltz

Spieldauer:  15 Std. und 5 Min. (ungekürzt)

Veröffentlicht: 14.08.2025

Kategorie: Literatur & Belletristik

Sprache: Deutsch

Anbieter: Hörbuch Hamburg

Susanne Abel ist eine begnadete Schriftstellerin mit der herausragendenen Fähigkeit, die Emotionen der Protagonisten so zu beschreiben, dass man sie regelrecht körperlich spürt. Selten nimmt mich eine Geschichte so sehr mit, dass mir immer wieder Tränen aufsteigen, sei es aus Rührung, Mitleid, Schmerz und|oder aus Freude. Frau Abel schafft das - alles. In Kooperation mit Vera Teltz (ohnehin schon lange eine meiner liebsten Sprecherinnen), die ausnahmslos jede Regung perfekt transportiert.

Im Vorwort weist die Autorin darauf hin, dass das Buch Themen wie Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern in der deutschen Nachkriegszeit behandelt, deren seelische Folgen über Generationen bis in die Gegenwart reichen. Sensible Menschen sollten die Geschichte möglichst nicht alleine hören und im Anschluss mit einer vertrauten Person über das Gehörte sprechen können. 

Da ich "Stay away from Gretchen" sowie "Was ich nie gesagt habe" mehrfach gehört habe und diese für mich zu den besten (nicht nur, sondern überhaupt) generationsübergreifenenden Romanen gehören, die ich je gelesen habe, war meine Erwartung an das neue Buch entsprechend hoch. Und dann hat mich "Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104" noch einmal überrascht .. eine nicht für möglich gehaltene Steigerung in jeder Hinsicht.

Ein Trauma begleitet ein Leben lang. Viele Betroffenene versuchen es zu verdrängen, genau wie Hardy und Margret, die durch die Hölle gegangen sind. Und selbst die Nachkommen bekommen es unbewusst zu spüren. Susanne Abel erzählt schonungslos und ehrlich und dennoch spürbarem Mitgefühl. Eine Geschichte, wie sie tausendfach passiert ist und auf einfühlsame Weise beschreibt, wie sich ein menschliches Schicksal durch Krieg, Unmenschlichkeit in allen Schichten der Gesellschaft, Verbohrtheit und Brutalität, fügt und der|dem Betroffenen jegliche Zukunft und Entwicklung der eigenen Persönlichkeit genommen wird. Sie regt zum Nachdenken an, weiß man doch nie, welches Schicksal dem Gegenüber widerfahren ist. Erschreckend und schockierend, dass solche Geschichten auch heute noch allgegenwärtig sind.

Das Buch hat mich sehr tief bewegt. Bereits nach wenigen Seiten war ich von der Geschichte gefesselt, die zugleich erschütternd und sehr einfühlsam erzählt wird. Die Autorin schafft es, die Erlebnisse und Gefühle so authentisch zu schildern, dass man sich den Figuren ganz nah fühlt.

Besonders beeindruckte mich die klare Sprache, die ohne große Ausschmückungen auskommt und aufgrund desseb noch eindringlicher wirkt. Viele Passagen haben mich nachdenklich gemacht und hallten lange und immer noch nach.

Susanne Abel schreibt ..und Vera Teltz spricht.. unaufgeregt, aber tief berührend. Keine Minute ist langweilig, der Spannungsbogen bleibt vom ersten bis zum letzten Kapitel straff und fesselnd. Die Geschichte entfaltet eine stille Kraft, die mitten ins Herz trifft, ohne je ins Pathetische abzurutschen. Besonders bemerkenswert: Der ohnehin schon starke literarische Stil der Autorin hat sich hier noch einmal deutlich weiterentwickelt.

Der Roman erzählt von lebenslanger Freundschaft, tiefer Liebe, den Spuren von Krieg und Verlust und der Kraft, die es braucht, um generationsübergreifendes Schweigen zu brechen. Diese Themen verbindet Susanne Abel zu einer packenden, emotionalen Erzählung, die man gar nicht aus der Hand legen möchte. Hervorzuheben sind auch die sorgfältige Recherche und die gelungene Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart.

Fazit: Ein großartiges, berührendes und literarisch reifes Werk. Für mich das bisher beste Buch von Susanne Abel.

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