Und weil wir im Juni 2024 ja eh gerade in Weinheim waren und die Wachenburg nur wenige Meter von der Burg Windeck entfernt liegt, hatten wir uns nach einem deftigen Mittagessen auch gleich noch auf den Weg dorthin gemacht. Im Verhältnis gesehen ist die Wachenburg wesentlich kleiner und vor allem auch jünger. Überraschend jung sogar.
Die Wachenburg steht auf dem Wachenberg oberhalb der Stadt Weinheim. Sie wurde im Stil einer romanischen Höhenburg in den Jahren 1907 bis 1928 vom Weinheimer Senioren-Convent (WSC), einem Korporationsverband studentischer Corps, als Tagungs- und Begegnungsstätte gebaut.
Im Vorfeld gab es Bestrebungen, für die im Deutsch-Französischen Krieg gefallenen Mitglieder des WSC ein Denkmal zu schaffen. Dem folgte der Gedanke, die Gedenkstätte mit einem Festplatz für die jährliche Tagung zu verbinden. Die Burgruine Windeck bot sich 1896 für beide Zwecke an. Die Domänendirektion des Großherzogtums Baden hatte die Entwürfe genehmigt, aber der Großherzog verkaufte kurz vor Baubeginn die Burgruine Windeck an den Grafen von Berckheim. Dieser gestattete keine zusätzlichen Bauten.
Auf dem Wachenberg, der teilweise in der Gemarkung der damaligen Gemeinde Leutershausen liegt (heute Hirschberg an der Bergstraße), sollte 1903 ein Aussichtsturm mit Schutzhütte errichtet werden. Der Bürgermeister von Weinheim teilte dies der Weinheimer Alte-Herren-Vereinigung (WAHV), später Weinheimer Verband Alter Corpsstudenten (WVAC), mit. Durch gemeinsame Verhandlungen der Stadt Weinheim, der WAHV und der Gemeinde Leutershausen wurde ein Erbbaurechtsvertrag auf 99 Jahre abgeschlossen. Der Vertrag verpflichtete die WAHV zur Errichtung einer Burganlage und enthielt die Option auf weitere 99 Jahre Erbbaurecht.
Aus 14 Entwürfen wurde 1906 der Entwurf von Arthur Wienkoop ausgewählt, der den Vorzug bot, den Bau in mehreren Abschnitten auszuführen. Weiter verdient gemacht haben sich Aute Bode und Emil Hartmann. Alle drei waren Ehrenbürger der Stadt Weinheim. Anfang des Jahres 1907 wurde die Baugenehmigung erteilt; am 16. Mai 1907 wurde der Grundstein für die Ehrenhalle und den Festplatz gelegt. Die Einweihung des Bergfriedes fand am 31. Mai 1908 statt. Mit dem Ende der Bauarbeiten am Palasgebäude wurde die Wachenburg im Mai 1913 fertiggestellt. Allerdings wurde der im Gebäude befindliche Fuchsenkeller vorerst unvollendet gelassen.
Die Finanzierung des Baus erfolgte ausschließlich durch Spendengelder. Ab 1928 wurde elektrisches Licht verlegt. Der Festsaal wurde allerdings noch bis 1959 mit Kerzenlicht beleuchtet. Die Straße zur Burg hinauf ist zwischen 1929 und 1934 entstanden. Nach der 1938 erfolgten Zwangsauflösung des WVAC ging die Wachenburg in den Besitz der Stadt Weinheim über. Die Rückgabe erfolgte 1950 bei der Neugründung des WVAC. Die Stadt Weinheim schied 1956 aus dem Erbbaurechtsvertrag mit der Gemeinde Leutershausen aus.
1949 fand auf der Wachenburg die Gründung des Bundes der Europäischen Jugend (heute Junge Europäische Föderalisten) statt. Die Jugendorganisation der Europa-Union Deutschland sah nur wenige Jahre nach Kriegsende in der europäischen Integration ein Hoffnungsprojekt.
Der Raum der Ehrenhalle mit den Gedenktafeln wurde für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Corpsstudenten 1963 nach Plänen von Wilhelm Gottsauner erweitert. Der WVAC kaufte 1965 das Gelände der Wachenburg von der Gemeinde Leutershausen.
In den Jahren 2009 bis 2013 wurde die Wachenburg vom WVAC für über eine Million Euro grundlegend saniert. Dabei wurde die Wachenburg 2010 auch an das Kanalisationsnetz der Stadt Weinheim angeschlossen.
Die kleine Wachenburg hat ihren ganz eigenen Charme und uns alle drei sofort verzaubert. Dorthin wird es uns auf jeden Fall noch einmal hinziehen. Mindestens.
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